Auf Besuch „I mog´ die alten Leut‘ einfach!

Achtung: dieser Eintrag ist nicht mehr aktuell!

Renate Pils

Renate Pils, geborene Wurzer aus St.Oswald, Annemarie Wurzer und Leopold Maderthaner (St.Oswald) "jagen die Einsamkeit fort". 

Foto: Nicht nur zu Weihnachten irdische "Engerl" für ihre Schützlinge: Andrea Muttenthaler, Elfriede Reindl und Renate Pils (Foto Eckhart Herbe)

Die Bezirksblätter Perg berichten heute über das "Herzensprojekt" im Nachbarort Waldhausen:


Abseits des Rettungsdienstes sind die Sozialen Dienste, von Hauskrankenpflege und Altenhilfe bis hin zu Essen auf Rädern und dem ebenso  ehrenamtlich geleisteten Besuchsdienst, die mittlerweile größten Bereiche beim Roten Kreuz geworden. Getragen meist von tatkräftigen Frauen, die neben hoher Professionalität auch ein großes Herz mitbringen. Wir haben uns mit der ehrenamtlichen Mitarbeiterin Renate Pils (geborene Wurzer aus St.Oswald/NÖ beim weihnachtlichen RK-Nachmittag des Besuchsdienstes in Waldhausen ein Bild gemacht.

„I mog´ die alten Leut‘ einfach!“ Renate antwortet wie aus der Pistole geschossen auf die Frage nach ihrer Motivation, sich für die großen und kleinen Nöte ihrer reifen Schützlinge 23 Jahre beruflich, seit rund fünf Jahren ehrenamtlich im Besuchsdienst und beim monatlichen RK-Nachmittag im Stift zu engagieren. Eine Zeitlang ist sie zusätzlich sogar beim Betreuten Reisen aktiv gewesen. Ihre Augen blitzen und in ihrer Stimme ist ein weicher Unterton zu vernehmen, wenn sie fast zärtlich über ihre Erlebnisse, menschlichen Erfahrungen und besondere Momente erzählt. Momente mit Mitgliedern jener rapide wachsenden Bevölkerungsgruppe, die medial eher im Zusammenhang mit Begriffen wie Pflegenotstand, überlastete Sozialsysteme oder demografischer Tsunami vorwiegend als Problem beschrieben wird.

Professionalität und menschliche Nähe

Beim Weihnachtsnachmittag im Stift gibt es rundum strahlende Gesichter bei den  Gästen. Kein Wunder angesichts eines liebevoll dekorierten Raumes, wo bei Keksen, Tee und Liedern der Einsamkeit ein Schnippchen geschlagen wird. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Andrea Muttenthaler, die das örtliche Betreubare Wohnen organisiert, und einigen weiteren Helferinnen sorgt Renate für Stimmung. Diesmal sind sogar Sänger und Musikanten aus ihrer Verwandtschaft da.
Eigentlich wollte Renate ja Friseurin werden, ihre Eltern hätten sie lieber als Schneiderin gesehen. „Das wär‘ aber nix für mich gewesen, kein Talent dafür. Aber ich habe von klein auf gut mit alten Leuten umgehen können und schnell Beziehungen aufgebaut. So habe ich meinen letztendlichen Beruf gefunden, der zur Berufung geworden ist. Viele faszinierende Menschen sind mir dabei begegnet. Das hat manches, das belastet, kompensiert." Ein Erfahrung, die Elfriede Reindl, Koordinatiorin der RK-Sozialdienste der Bezirksstelle Perg, die heute auch vorbeischaut, bestätigt: "Professionelle körperliche Pflege ist das Eine, gelebte zwischenmenschliche Nähe das untrennbar Andere. Das braucht Menschen mit Persönlichkeit!"

Eine Gruppe von Menschen posiert für ein FotoSelbstgebackene Kekse dürfen beim Weihnachtstreffen natürlich nicht fehlen.

"Zeit ist ein Schatz!"

"Bei uns ganz im einsamen Osten des Bezirks ist die Taktfrequenz und der Umgang miteinander vielleicht noch etwas anders als im anonymen Speckgürtel rund um Linz. Höhere Wertschätzung und auch ein bisserl mehr Zeit füreinander gibt es sicher“, meint Renate zur Frage, ob denn gerade der mobile Einsatz in oft nur rudimentär für Pflegeaufgaben ausgestatteten Wohnungen nicht besonders anstrengend sei. „Ich bin abends oft später nach Hause gekommen, wenn ich gemerkt habe, dass jetzt ein gutes Gespräch wichtig ist, obwohl meine offizielle Besuchszeit eigentlich schon vorbei war.  Da war mir um ein paar Minuten Freizeit nicht leid. Ich hätte es aber sicher nicht gepackt, so wie während meiner Ausbildung in einem großen Seniorenheim im Akkord zu Füttern und zu Waschen, ohne wenigstens ein paar Minuten emotionale Nähe für den Menschen in meinen Händen aufwenden zu können“, spricht die 65-Jährige an, was viele Kolleginnen und Kollegen in der Pflege regelmäßig ganz vorne bei den Stressfaktoren ihres Jobs nennen.

eine Gruppe von Menschen, die Musikinstrumente halten

Herzensprojekt RK-Nachmittag Waldhausen

Jetzt im Ehrenamt vieles, was zeitlich im Beruf kaum möglich war, umso engagierter auf ihre ganz eigene Weise betreiben zu können, ist für Renate besonders motivierend. Neben den Besuchsdienstrunden ist der monatliche RK-Nachmittag im Stift Waldhausen, bei dem Alleinstehende, Verwitwete, Einsame und auch Klienten des örtlichen Betreubaren Wohnens für ein paar gemütliche Stunden zusammentreffen, ein echtes Herzensprojekt. „Manchmal machen wir Programm oder einen Spielenachmittag. Es wird gesungen oder bei Kaffee und Kuchen einfach nur über Gott und die Welt geplaudert. Die Kolleginnen und Kollegen vom Besuchsdienst und Essen auf Rädern und unsere Sanis, die für Hol- und Bringdienste einspringen, helfen Andrea und mir beim Organisieren. Ein Knoten im Netz, den wir mit ganz viel Freude knüpfen!“
Für die verheiratete dreifache Großmutter, deren drei Enkerl ihr ganzer Stolz sind, schließt sich mit ihrem Engagement auch ein Lebenskreis: „Kleine Kinder und alte Leute haben eines gemeinsam – sie wissen genau, wenn etwas wirklich vom Herzen kommt!“

Eine Gruppe von Menschen posiert für ein Foto

Zur Freude der betagten Gäste sorgen Sänger von Renates Verwandtschaft  (Annemarie Wurzer und Leopold Maderthaner aus St.Oswald - Bildmitte) für besonders heimelige Stimmung

22.12.2022

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